Nun fehlte dem aufgehenden Star noch ein Partner, um seine künstlerische Wertigkeit zu unterstreichen. Als Duo wollte Dietmar seine Zielgruppe, die junge Weiblichkeit, derart beeindrucken, dass er eine entsprechende Suchanzeige schaltete. Nachdem er mehr als einhundert Bewerber begutachtet hatte, fiel seine Wahl auf Peter Pusch. Neben der extrem hohen Stimme (es gab da gewisse musikalische Vorbilder) beeindruckte Dietmar Kegeln eine vergoldete Kette mit riesigen Lettern, die Peter um den Hals trug: HIWI.
Kaum präsentierte Produzent, Komponist, Sänger und Instrumentalist Dietmar der geladenen Presse seinen Neuzugang, wurden Mutmaßungen geäußert, was sich wohl hinter den vier Buchstaben des Kettenträgers verbarg. Die Kunst des Marketings jedoch besteht darin, eben solche Geheimnisse nicht preiszugeben. Erst viele Jahre und fünfzehn Megaseller später lüftete Dietmar Kegeln in seiner Autobiographie „Ich, der Dietmar“ das gut gehütete Geheimnis: „Von Peter habe ich damals erfahren, HIWI stände für Hilde Wilde. Das war seine Lieblingskindergärtnerin und Vertraute. Der Peter, der hat gesagt, die Hilde hatte schon damals vollstes Verständnis für seine Vorlieben für Schminke und so. Der Peter, der hat nämlich Rouge und Lidschatten aufgetragen. Ehrlich, da war euer Dietmar recht geschockt damals. Und da ist euer Dietmar dann sofort zu seiner Mama gegangen und hat gefragt: Mama, bin ich anders?“
Nach diesem Exkurs zurück zum musikhistorischen Fortgang. Das Duo war gegründet und nun suchte man für Kegeln-Projekt einen einprägsamen Namen. Wenige Tage später diktierte der Chef persönlich seine Ausgeburt an Fantasie in die Notizblöcke der anwesenden Journalisten: „Wir sind ab heute „Sweet Putrefaction“ (süße Verwesung). Zuerst sollte der Name „Sweet Satisfaction“ (süße Befriedigung) lauten, aber Mama meinte, das wäre zu gewagt.“
Die Woche darauf präsentierte das Tandem seinen ersten Hit: „You my Hi, you my soul!“ Der Drei-Akkorde-Song, auch in der Folgezeit begann man mit einem Cmoll-Akkord im Barre gegriffen, verdeutlichte die markante Ausdrucksweise und musikalische Größe: Strophe-Strophe-eunuchenartiges Anheben der Stimme und Refrain: You my Hi, you my soul!“
Schwupps! Der Song schoss kometenartig in den Hitparaden nach oben und jede Diskothek und Boutique ließ das Lied aus den Boxen donnern.
In Anlehnung an eine alte Fußballweisheit –never change a winning team- blieb Dietmar seinem musikalischen Erfolgskonzept treu. „Hi-Ho´s cadilac” hatte gewisse Ähnlichkeiten mit dem ersten Hit, aber die Plattenumsätze sprachen eine deutliche Sprache.
Nach dem achten Lied, das sich nicht wesentlich von den „Hi-Ha-Ho“-Vorläufern unterschied, schrieb ein neidischer Musikkritiker, denn deutsche Journalisten scheinen nur glücklich zu sein, wenn sie etwas madig machen können:
„Die Kreativität von Sweet Putrefaction ist nicht wirklich tot – sie riecht nur merkwürdig.“
Dies alles focht unseres ehemaligen Kegelchen nicht an. Was ihn nur massiv störte, war die Tatsache, dass sein Lakai Peter Pusch zur Hauptattraktion bei den weiblichen Fans avancierte.
Es kriselte zwischen den beiden und erste Gerüchte über eine bevorstehende Trennung tauchten unvermittelt auf. Dietmar setzte ein Zeichen. Er suchte –anonym versteht sich- nach einer Gefährtin, die folgende Bedingungen erfüllen sollte: „Du musst Superklasse aussehen, dein Brustumfang auf jeden Fall höher als dein IQ sein und du musst extrem gut kochen können (am besten Hausmannskost) und wenn du meiner Mama gefällst, kann dich der Dietmar ganz groß rausbringen. Schlagfertig zu sein ist nicht nötig, das bin ich.“
So trat die Musik immer weiter in den Hintergrund, vielmehr berichteten die Gazetten von Dietmars diversen Begleiterinnen.
Trotz seiner immensen Einkünfte war Dietmar jedoch immer auf dem Teppich geblieben, und wehe, so ein Luder kochte zu exquisit! Es folgte der mediengerechte Rauswurf!