Die Tour war geschafft. Jens war längst auf die Bundesstraße abgebogen, die von Berlin nach Sternekop führte, da sagte ich so unverfänglich wie möglich: „Mann, ist das ne Hitze. Also am liebsten würd ich mal kurz in ´n See hüpfen. Da drüben gibts doch ne ganz versteckte Badestelle.“ Früher hätte Jens geantwortet, dass wir in zwanzig Minuten sowieso zu Hause wären und dann ungestört baden könnten. Diesmal aber… Er hatte andauernd rübergeschielt, und jetzt brannte er wohl auf den Moment, an dem ich mein Kleid abstreifen würde.
Er sah mir etwas enttäuscht hinterher. Der Strip hatte kaum eine Sekunde gedauert. Ein kurzes Vorbeugen, Griff nach unten, hoch … und schon lief ich nackt in den See. Spontan entschied er, nach diesem heißen Tag selbst einmal woanders zu baden als im Quadder oder in der Wanne. Er zog sich aus und rannte hinterher. Ich kam vor ihm wieder aus dem Wasser, aber ich war noch nass, da kam er schon zurück.
„Du willst mich also abtrocknen, oder?“ Ich streckte ihm sein Hemd entgegen. Er rubbelte mich so lange trocken, bis wir beide außer Atem waren. Ringsum war es still. Für normale Badelustige wäre es der erste wirklich heiße Tag gewesen. Die waren noch nicht hier, und das Wasser war eisig.
Im Wagen danach schwieg Jens die akustische Steuerung an. Ich sah ihn fragend an. „Du bereust es. Eigentlich hast du das nicht gewollt.“
Er spürte meinen Blick. Schwieg.
„Wenn ich sag, ich kann dich sehr gut leiden, is das okay?“ Verwirrt hörte er meine Stimme. „Verstehst du: nicht weniger, aber auch nicht mehr. Und ich möchte ja nichts kaputtmachen von deinen Beziehungen mit Janine und so. Du musst selbst entscheiden, wann du was sagst und ob überhaupt. Ich hab es gewollt, unbedingt.“
Er fuhr nicht los. Inzwischen hätte er ein Bad wohl nötiger gehabt als vorher. Der Schweiß malte eine Fleckenlandschaft auf seinem Hemd.
Vorsichtig begann ich mit meiner Beichte: „Das kommt nun mal vor, dass man etwas tut, was man gut gemeint hat, und dann gerät alles außer Kontrolle… Weißt du, der Knatsch mit Berlin in den vergangenen Wochen, das war meine Schuld. Ich hab … also manchmal haben die anderen Mädchen mir geholfen, aber dafür dürfen sie auf keinen Fall bestraft werden … also … die Kugel, die sich dein Kollege hat klauen lassen …“ Immer wieder unterbrach ich mich. Jens wartete. Mehrmals sah es aus, als wollte er etwas sagen. Immer, wenn ich dann eine Pause machte, schwieg er weiter.
„Ihr wart so naiv. Wenn diese Petra so gerissen ist, haben wir gedacht, dann sichert sie ihren Erfolg mehrfach ab. Du hast ja erlebt, wie Recht wir hatten. … Mensch, Jens, es ist gar nicht so leicht zu erzählen. Also wir haben eine Kugel gebaut, die so aussah wie die anderen. Mit deinem Kollegen sind wir schnell einig geworden. Er hatte die echte Kugel längst beiseite geschafft, als er dich angerufen hat. Wir mussten sie nur noch in Empfang nehmen. Dass der Ärmste wirklich überfallen werden würde, haben wir natürlich nicht gewollt. Aber dann durften wir uns nicht verraten. Du musstest doch wirklich enttäuscht sein. Man kann dir deine Gedanken so leicht aus dem Gesicht ablesen. So haben wir die echte schwere Kugel die ganze Zeit bei uns gehabt… und du hast dich gewundert, warum wir so eifrig bei der Sache waren.“