Overblog
Folge diesem Blog Administration + Create my blog
10. Oktober 2009 6 10 /10 /Oktober /2009 09:59

Einer Schleife gleich

meinen Körper umwickelnd

umwindest mich

mit deinen cremefarbenen,

feucht-verworrenen Bändern.

 

 

Schwarzäugig, hellhaarig,

tiefe Höhlen

betasten alles, sehen alles

wie meine Hauptschlagader

unter der Haut meines Halses pulsiert

 

Wie mein Nabel sich hebt und senkt,

wie sich mein Schlüsselbein unter jeder

deiner Umschlingungen krümmt

 

 

Regelmäßig

versuche ich dich

glatt zu streicheln

 

 

Doch bald werde ich die Nagelschere

Vom Nachttisch nehmen,

die Verbindungen zertrennen,

mich deinen Verwicklungen entziehen-

 

bis von dir

nur noch machtlose

Elementarteilchen

Dem Niemandsland entgegengleiten

 

 

Geschenkpaketlose, zersträhnte Schleife

Diesen Post teilen
Repost0
10. Oktober 2009 6 10 /10 /Oktober /2009 09:54

Na, hoffentlich geht das gut. Hätte mir jemand eine solche Story an den Kopf gehauen, ich hätte ihn in eine geschlossene Anstalt stecken wollen. Jedenfalls sind wir rückwärts und vorwärts durch die Zeit gereist ...“

Ich erzählte wie ein Wasserfall. Nur selten unterbrach mich jemand mit einer Frage. Ich achtete nicht auf die Uhrzeit. Irgendwann merkte ich, dass ich einfach nicht mehr konnte. Mama gab leise Zeichen für Nuk, Lam und Than. Sie flitzten dann raus und kamen mit Tabletts wieder. Also machten wir Mittagspause. Als ich stockend von der Asche in den Skaphandern erzählte, meinte Paps in die Stille hinein:

Vielleicht nennst du mich dann lieber Bek.“

Schon gut. Die anderen sagen ja auch Paps zu dir.“

Ich erzählte auch den ganzen Nachmittag und nach dem Abendbrot. Schließlich schleppten wir uns in unsere Betten, um am nächsten Tag weiter zu erzählen. Mama kommentierte das Ganze mit:

Das musst du unbedingt aufschreiben!“

Wir saßen in Kreisen auf Knautschrollen mit Rückenlehnen. Viet drehte an zwei Hebeln herum und mit einem unaufdringlichen Knacken zündeten in den Ecken des Raumes elektrische Lagerfeuer. Dazu schmunzelte Viet spitzbübisch:

Machen wir es uns bequem. Unsere Arbeitszeit hat begonnen.“

Manchmal zweifelte ich selbst fast daran, dass sich alles genau so abgespielt hatte. Obwohl einiges erst Wochen und Monate her war, schien es in eine unwirklich ferne Vergangenheit zu gehören. Übrigens erzählte ich nicht alleine. Paps, Sabina und die anderen räumten nach den Mahlzeiten die Tische weg und allmählich löste sich bei jedem die Zunge. Nichts von dem, was wir getan hatten, und warum, blieb ungesagt.

Diesen Post teilen
Repost0
10. Oktober 2009 6 10 /10 /Oktober /2009 09:52

Ich nickte. Da hatten Gefahren über uns geschwebt. In der Zeit, aus der wir gekommen waren, wären wir wohl getötet oder eingesperrt worden. Wer hätte im umgekehrten Fall Mama und die Ihrigen in seine Familie aufgenommen? Mir fiel niemand ein. Wahrscheinlich nicht einmal mein Vater. Selbst für mich hätte ich die Frage verneint. Und so rutschte mir das erste Eingeständnis heraus:

Es stimmt. Einmal war man ja schon über uns her gefallen. Da kam uns das Rotkäppchen als mögliche Geisel gerade recht. Aber wir kamen nicht dazu, es dazu zu benutzen."

Es ist ja nichts passiert. Aber wir haben euch gar nicht gefragt, ob ihr denn überhaupt bei uns bleiben wollt. Wir kümmern uns dann rund um die Uhr um euch, erklären euch, wie unsere Welt funktioniert. Ihr könnt alles fragen. Dafür erzählt ihr von euch. Uns um euch zu kümmern, das wird dann unsere Arbeitsaufgabe. Ganz offiziell, versteht ihr? Das ist ja ein Sonderfall. Wir werden das schon mit der Kindererziehung in Einklang bringen.“

Nein, so richtig verstand ich das nicht. Ich spürte nur, dass wir keine Versuchskaninchen für die Forschung der von uns nun erreichten Gegenwart sein sollten. Was Arbeit, Kindererziehung und die Betreuung Zeitreisender miteinander zu tun hatten, würde ich sicher herausbekommen.

Ich senkte den Kopf. Eine lange blöde Geschichte hatte mich zum Chef der Crew gemacht. Ich musste die Entscheidungen treffen. Aber vorausgesetzt, es stimmte, was Mama uns erklärt hatte, dann hätten wir endlich Glück gehabt.

Wir würden gern bei euch bleiben, wenn wir dürfen. Wenigstens vorerst.“

Klar.“

Ich musste unweigerlich lächeln. Mir war gerade eingefallen, wie oft Nuk „Klar!“ gesagt hatte.

Wir sind jetzt also im Jahr 2221 angekommen?“

Wenn ihr länger bleibt, dann feiern wir zusammen den 22.2.2222. Bis dahin habt ihr euch hoffentlich eingelebt. Aber nun erzählt, wie ihr hierher gekommen seid!“

Diesen Post teilen
Repost0
10. Oktober 2009 6 10 /10 /Oktober /2009 09:49

Die Tour war geschafft. Jens war längst auf die Bundesstraße abgebogen, die von Berlin nach Sternekop führte, da sagte ich so unverfänglich wie möglich: „Mann, ist das ne Hitze. Also am liebsten würd ich mal kurz in ´n See hüpfen. Da drüben gibts doch ne ganz versteckte Badestelle.“ Früher hätte Jens geantwortet, dass wir in zwanzig Minuten sowieso zu Hause wären und dann ungestört baden könnten. Diesmal aber… Er hatte andauernd rübergeschielt, und jetzt brannte er wohl auf den Moment, an dem ich mein Kleid abstreifen würde.

Er sah mir etwas enttäuscht hinterher. Der Strip hatte kaum eine Sekunde gedauert. Ein kurzes Vorbeugen, Griff nach unten, hoch … und schon lief ich nackt in den See. Spontan entschied er, nach diesem heißen Tag selbst einmal woanders zu baden als im Quadder oder in der Wanne. Er zog sich aus und rannte hinterher. Ich kam vor ihm wieder aus dem Wasser, aber ich war noch nass, da kam er schon zurück.

Du willst mich also abtrocknen, oder?“ Ich streckte ihm sein Hemd entgegen. Er rubbelte mich so lange trocken, bis wir beide außer Atem waren. Ringsum war es still. Für normale Badelustige wäre es der erste wirklich heiße Tag gewesen. Die waren noch nicht hier, und das Wasser war eisig.

Im Wagen danach schwieg Jens die akustische Steuerung an. Ich sah ihn fragend an. „Du bereust es. Eigentlich hast du das nicht gewollt.“

Er spürte meinen Blick. Schwieg.

Wenn ich sag, ich kann dich sehr gut leiden, is das okay?“ Verwirrt hörte er meine Stimme. „Verstehst du: nicht weniger, aber auch nicht mehr. Und ich möchte ja nichts kaputtmachen von deinen Beziehungen mit Janine und so. Du musst selbst entscheiden, wann du was sagst und ob überhaupt. Ich hab es gewollt, unbedingt.“

Er fuhr nicht los. Inzwischen hätte er ein Bad wohl nötiger gehabt als vorher. Der Schweiß malte eine Fleckenlandschaft auf seinem Hemd.

Vorsichtig begann ich mit meiner Beichte: „Das kommt nun mal vor, dass man etwas tut, was man gut gemeint hat, und dann gerät alles außer Kontrolle… Weißt du, der Knatsch mit Berlin in den vergangenen Wochen, das war meine Schuld. Ich hab … also manchmal haben die anderen Mädchen mir geholfen, aber dafür dürfen sie auf keinen Fall bestraft werden … also … die Kugel, die sich dein Kollege hat klauen lassen …“ Immer wieder unterbrach ich mich. Jens wartete. Mehrmals sah es aus, als wollte er etwas sagen. Immer, wenn ich dann eine Pause machte, schwieg er weiter.

Ihr wart so naiv. Wenn diese Petra so gerissen ist, haben wir gedacht, dann sichert sie ihren Erfolg mehrfach ab. Du hast ja erlebt, wie Recht wir hatten. … Mensch, Jens, es ist gar nicht so leicht zu erzählen. Also wir haben eine Kugel gebaut, die so aussah wie die anderen. Mit deinem Kollegen sind wir schnell einig geworden. Er hatte die echte Kugel längst beiseite geschafft, als er dich angerufen hat. Wir mussten sie nur noch in Empfang nehmen. Dass der Ärmste wirklich überfallen werden würde, haben wir natürlich nicht gewollt. Aber dann durften wir uns nicht verraten. Du musstest doch wirklich enttäuscht sein. Man kann dir deine Gedanken so leicht aus dem Gesicht ablesen. So haben wir die echte schwere Kugel die ganze Zeit bei uns gehabt… und du hast dich gewundert, warum wir so eifrig bei der Sache waren.“

 

 

Diesen Post teilen
Repost0
10. Oktober 2009 6 10 /10 /Oktober /2009 08:35
V O R G E S T E L L T

aus dem Lyrikblog das Gedicht
von
  Slov ant Gali Vergeblicher Sturm 


333333333333333333333333333333333333333333333333333333333333333333333

aus dem Lyrikblog das Gedicht
von 
 Gunda Jaron  Bauchgefühl

333333333333333333333333333333333333333333333333333333333333333333333

aus dem Lyrikblog das Gedicht
von  Slov ant Gali kein wiegenlied
Diesen Post teilen
Repost0
9. Oktober 2009 5 09 /10 /Oktober /2009 07:44
V O R G E S T E L L T

die Erzählung "Die Charity Party oder das Moor von Bauer Horst"(2) von
Bruce Armat

333333333333333333333333333333333333333333333333333333333333333333333

aus dem Lyrikblog das Gedicht
von 
 Gunda Jaron  Fernweh

333333333333333333333333333333333333333333333333333333333333333333333

aus dem Lyrikblog das Gedicht
von  Slov ant Gali Fortschritt
Diesen Post teilen
Repost0
8. Oktober 2009 4 08 /10 /Oktober /2009 20:22

Im Café hatten die anderen gefrühstückt. Nicht nackt.

Das ist Paps“, hatte Nuk ihren Vater vorgestellt.

Ja, Paps, das könnt ihr auch sagen. Es merkt sich am schnellsten“, bestätigte er.

Für einen Moment zitterte ich. Bei dem Mann fielen die blauschwarzen Haare um sein rundes, ockerfarbenes Gesicht immer wieder von selbst in die ursprüngliche Pagenfrisur zurück. Die Augen waren dunkler als bei meinem Vater. Seine Nase war klein und platt, und obwohl ich ahnte, dass er noch nicht alt sein konnte, war sein Gesicht voller Fältchen und Grübchen. Ein Gesicht, das wohl in Jahrzehnten nicht älter aussehen würde. Und ein Gesicht, das trotz aller Unterschiede den Eindruck hervorrief, mein Vater wäre mit einem Schuss Gunti wieder zum Leben erwacht. Ich würde ihm, so gut es ginge, aus dem Wege gehen.

Also Paps. Hallo!“

Nun saßen wir alle beisammen und das Erzählen konnte beginnen. Nur wer sollte anfangen?

Mama, du hast gestern so eine seltsame Bemerkung gemacht. Von wegen, du weißt, dass wir die Wahrheit sagen. Wie war das gemeint?“

Unser Rettungssystem hat euer Auftauchen, Erscheinen oder wie ihr das nennen wollt, gemeldet. Wie sollten wir darauf reagieren? Es taucht ja nicht alle Tage ein unbekanntes Objekt auf, selbst im Märchenwald nicht. Wir beobachteten euch von weitem. Von euren Absichten wussten wir nichts. Ob ihr uns angreifen wolltet. Bevor wir etwas unternehmen konnten, hattet ihr schon Nuk bei euch. Sie war nicht als erste Gastgeberin vorgesehen, bestimmt nicht. Wir hätten uns schon was für euch einfallen lassen, hätten euch einen feierlichen Empfang bereitet. Mit Musik und großen Reden, Blümchen und so. Wir sahen dann aber, das euch das nicht recht gewesen wäre.“

Wie wahr“, fuhr es Fritzi heraus.

Wir als Nuks Familie sollten über euch entscheiden. Versteht ihr?“

Diesen Post teilen
Repost0
8. Oktober 2009 4 08 /10 /Oktober /2009 20:16

Tassen und Teller klapperten neben meinem Bett. Ich versuchte weiterzuschlafen. Aber es duftete herrlich nach Kaffee und frischen Brötchen. So schmiss ich die Beine herum und erschrak erst einmal.
„Wo ist denn mein Kleid?“

Noch nicht trocken. Ich hab’s gewaschen.“

Das war nun auch schon egal. Ich setzte mich einfach nackt an den kleinen Frühstückstisch. Wir waren ja unter uns. Nuk sah kurz zu mir herüber. Dann streifte sie ihr Nachthemd ab. Ich verkniff mir das Fragen. Wahrscheinlich war es Nuk peinlich, mich in die Lage gebracht zu haben, und nun glich sie das freundlich aus. Oder für die Menschen hier war es einfach natürlich, nackt zu sein.

Wahrscheinlich stimmte beides. Denn die Tür ging auf und Lam sah zu uns herein.

Guten Morgen! Darf ich mit euch frühstücken? Maria will unbedingt noch eine Stunde schlafen.“

Ja, ja, is schon okay!“

Uff, jetzt nur ganz unverkrampft erscheinen. Ich tat so, als wäre mir die Situation überhaupt nicht neu oder gar peinlich. Der Junge warf seinen Morgenmantel über Nuks Bett und setzte sich im Adamskostüm zu uns. War es ein Vor- oder ein Nachteil, dass ich mit meinen vierunddreißig äußerlich jetzt wie eine Achtzehnjährige wirkte? Lam fixierte mich unauffällig, als ob er prüfen wollte, wie weit ich als künftige Gefährtin für ihn in Frage käme. Oh, das könnte noch Verwicklungen geben.

Lam war, wenn ich es richtig begriffen hatte, der Neffe von Nuks Freund Luk und einer der beiden 17jährigen Zwillinge, die die Grundschulzeit abgeschlossen hatten. Allein die komischen Namen auseinanderzuhalten, und warum Nuk ein Mädchen-, Luk aber ein Jungenname war, das würde mich noch eine Weile beschäftigen. Im diesem Moment half es mir über die Verlegenheit der eigenen Nacktheit wegen hinweg. Trotzdem fühlte ich mich sicherer, als Nuk mit dem trockenen Kleid wiederkam.

Diesen Post teilen
Repost0
8. Oktober 2009 4 08 /10 /Oktober /2009 20:15

Die Verführung eines Helden

Ich schob Jens das Papier herüber. Versuchte ein Lächeln. „Was meinst du? Is ein Entwurf für einen Artikel. Unsere Schülerzeitung, weißt du? Vielleicht für mehr. Ich kann schließlich nicht immer nur Laborleiterin spielen. Schule is wichtig, hast du gesagt.“ Ich spürte seinen irritierten Blick. Ausgerechnet er als Testleser einer Schülerzeitung? Da gab es wirklich bessere. Andererseits schmeichelte ihn die Bitte.

Halblaut las er: „Schon seit vielen Monaten hat Eberswalde über eine Viertelmillion Einwohner. Der weitaus größte Teil davon haust in provisorischen Baracken in Nordend. Schon vor den Berliner Sikroben schien die ganze Gegend verflucht. Wer aber heute im Reinhardt-Viertel wohnt, braucht sich um eine Anstellung bei den wenigen in der Region verbliebenen Instandhaltungsfirmen nicht zu bemühen. Die Häuser reißt nur deshalb niemand ab, weil das Geld kosten würde, das keiner ausgeben will. Allmählich hat sich der umliegende Wald durch die Zivilisationsdecke gedrängt. Ansonsten kommt nur hierher, wer nicht ahnt, dass er mit dieser Adresse sein weiteres Schicksal besiegelt oder wer sich selbst aufgegeben hat.

In Ostend, dort, wo die Bewohner seit langem ihre Häuschen als Anbauten zu ihren Kleingärten verstehen, suchen die Edelflüchtlinge ihr Unterkommen. Von hier aus ziehen die freien Makler der Silit-AG los, um die Neues–Berlin-Volksaktie als Anteil an dem bevorstehenden Bauboom in der künftigen Welthauptstadt anzupreisen. Hier patrouilliert die Eberswalder Bürgerwehr im Zweistundenrhythmus durch die Gassen und hier befinden sich vorübergehend die öffentlichen Ämter und Einrichtungen der Hauptstadt und einige Berliner Polizeiwachen. Die Polizisten haben sehr weite Wege zu ihren eigentlichen Einsatzorten. Aber natürlich gibt es hier wie dort wenig Kriminalität.

In den zurückliegenden zwei Wochen haben die Polizisten allerdings an einem der seltsamsten Einsätze des Jahrtausends mitgewirkt: Zusammen mit Feuerwehrleuten und Hunderten Freiwilligen errichteten sie mehrere gewaltige Grabhügel aus Zehntausenden übereinander gestapelter Testuden. Immer neue Schichten der reglosen Silitfresser drücken auf einander. Man hat sich nicht entschließen können, die unheimlichen Gäste aus dem All in der Erde zu verbuddeln. Es könnte ja sein, dass sie immer noch Leben in sich bergen. Kleinere Gruppen von ihnen hatten gezielt die letzten Gebäude aus Silit im Berliner Umland angesteuert. Nachdem die verzehrt waren, erstarrten auch die letzten ...“

Es war Freitag. Auf Jens´ Programm stand die abschließende Inspektionsfahrt zu diesen Grabhügeln. Ich bat ihn, mitkommen zu dürfen. Überrascht stimmte er zu. Jule erklärte, sie könne nicht mitkommen. „… Es muss sich doch jemand um die Kleinen kümmern.“ Dabei lächelte sie viel sagend.

Ich sprang pfeifend auf den Beifahrersitz.

An den Inspektionspunkten stieg ich mit aus. Jens stellte mich meist als seine Adoptivtochter vor. War das ein Vorbeimarsch! Ich hatte mich extra aufgemotzt, trug ein kurzes weißes Kleid mit angesetztem weiten Rock. Das betonte meine gebräunte Haut. Jens konnte nur schwer verbergen, wie ihm das gefiel – und wie ihn die zweideutigen Komplimente der vielen Männer aufregten. Hätte er gehört, was ich vorher zu Jule gesagt hatte, wäre er wohl zurückhaltender gewesen. „In mancher Hinsicht sind Männer wie Computer. Man muss nur die richtigen Buttons kennen, schon läuft das gewünschte Programm ab. Selbst bei so einem Vatertyp, bei dem man sich geborgen fühlen kann, und nicht erwartet, dass irgendwas abgeht.“ Aber er ahnte nichts.

 

 

Diesen Post teilen
Repost0
8. Oktober 2009 4 08 /10 /Oktober /2009 20:13

Petra achtete nicht auf den Verkehr. Wütend fauchte sie die jämmerliche Gestalt auf dem Bildschirm an: „Und was ist mit Laserkanonen, elektrischem Strom, Gift oder was weiß ich? Ihr müsst doch das Übergreifen der Viecher auf unsere Gebäude verhindern!“

Die Bildübertragung zeigte nun den Diensthabenden im Profil vor dem Hintergrund des Wolkenfingers. Auf seinem geröteten Gesicht standen Schweißtropfen. „Bestimmt gibt es Möglichkeiten. Wir suchen ja. Aber wir haben keine Zeit. Außerdem sind die Leute begeistert, dass dieser Silithorror so schnell zu Ende ist. Wenn wir einen Krieg gegen die Schildkröten beginnen, sind wir überall unten durch.“

Vielleicht wäre Petra besser bei ihren Eltern geblieben. Dann hätte sie wenigstens nicht hilflos zusehen müssen, wie der Wolkenfinger sich allmählich krümmte und dann, immer schneller werdend, nach vorn wegsackte. Aus den Nachrichten erfuhr sie, dass die normale Fraßfrontlinie der Testuden jetzt bis an die frühere Stadtbezirksgrenze von Lichtenberg vorgedrungen war. Ihre Institutsreste waren die letzte Silitinsel inmitten fruchtbarer nackter Bodenkrume. Kilometerweit herrschte Eintönigkeit. Kein Baum, kein Strauch, nicht eine einzige Ruine. Eine seltsame dunkle Wüste. Zwar wirbelte der Wind gelegentlich hellgraues Mehl auf, das als kümmerlicher Rest der Silitschicht zurückgeblieben war, doch ansonsten war dieser Teil Berlins ein Acker, der nur auf Grubber wartete, damit gesät werden konnte.

Von allen Seiten näherten sich unterschiedlich große „Testuden“ den restlichen Silitgebäuden des Instituts. Verzweifelt jagten Petras Teams mit Körben, Händen und Keschern nach den Angreifern. Je weiter die eigentliche Front sich entfernte, umso unheimlicher wurde die Lage. Die hungrigen Wesen in der Umgebung der verbliebenen Institutsbaracken teilten sich offenbar, um leichter an ihr Futter zu kommen. Jedenfalls griffen immer mehr und kleinere Wesen an.

Die müssen das Silit riechen. Anders kann ich mir das nicht erklären“, schimpfte Petra. Sarkastisch ergänzte sie: „Haben die nicht ferngesehen? Nach den neuesten Meldungen müssten sie diese Gegend längst verlassen haben oder erstarrt sein!“ Wütend sah sie gelegentlich die Berichte, die dazu aufforderten, zurückbleibende starre Testuden aufzusammeln und an die Silitdecke anzusetzen.

Inzwischen fuhren vier Panzer ununterbrochen rund um das Institut Patrouille. Aber am folgenden Morgen waren die meisten wissenschaftlichen Mitarbeiter schon damit beschäftigt, kurzbeinige Silitfresser aus Löchern in den Mauern zu lesen.

Es hat keinen Sinn. Rettet, was noch zu retten ist, und dann weg hier.“

Drei Tage später starteten acht Charterjumbos vom provisorischen Großflughafen Berlin-Brandenburg International mit unterschiedlichsten Gerätschaften und einer noch unbearbeiteten Kugel in Richtung Windhuk Airport. Petra folgte mit ihrem engsten Stab. Sie hatte nach einigen Kilometern Entfernung einen imposanten Panoramablick auf das Gebiet Berlins. Im Wesentlichen bestand es aus grauen und braunen Flecken. Dort, wo die Spree ihr Bett wieder gefunden hatte, lockerte das erste Blau das Bild auf. Bald würde Grün die bestimmende Farbe sein. Es kämen neue Menschen, um hier ihre Geschäfte zu machen. Vielleicht gäbe es in zwanzig Jahren eine wieder aufgebaute, wenn auch wahrscheinlich kleinere Stadt. So lange kann ich nicht warten, dachte Petra. Sie umkrallte die Tasche mit ihrer unscheinbaren Kugel.

 

Diesen Post teilen
Repost0