Overblog
Edit post Folge diesem Blog Administration + Create my blog
6. August 2010 5 06 /08 /August /2010 10:31

„Er sitzt am Steuer und fährt (warum eigentlich?!) und sie soll ihn lotsen.“



Ich wäre nicht ich, hätte mich dieser Satz, gefunden auf Seite 214 in dem Buch „Sonst noch Fragen?“ von Ranga Yogeshwar nicht spontan zum Kugelschreiber greifen lassen. Nein, nicht um darüber zu schwadronieren, ob frau Straßenkarten lesen kann – klar kann sie, sonst säße ich jetzt nicht hier am PC, sondern kurvte noch irgendwo in Kroatien herum – sondern um der Frage nach dem „warum eigentlich?“ nachzugehen.



Die Antwort ist ganz einfach. Na ja, fast jedenfalls.



Bitte vergegenwärtigen Sie sich folgendes Szenario:



Er und sie sind zu einer abendlichen Feier eingeladen, bei der elegante Garderobe erwünscht ist. Wer fährt? ER natürlich. Nein, nicht etwa aus Sorge, SIE könne sich die Absätze ihrer sündhaft teuren Highheels ruinieren ... Der wahre Grund ist die von ihm angestrebte Arbeitsteilung: ER fährt hin, SIE zurück: „Ist 'n bisschen glatt heute, besser, ich fahre. Kannst ja nachher zurückfahren.“



Aaah, ja! Auf dem nächtlichen Heimweg wird es natürlich weniger glatt sein.

Oder kann es sein, dass sich die Höhe der Rutschgefahr auf winterlichen Straßen – rein subjektiv empfunden – umgekehrt proportional zum Alkoholkonsum des männlichen Verkehrsteilnehmers verhält? Je höher der Promillegehalt, desto geringer die Glättewahrscheinlichkeit?

Hm, na gut, fährt SIE eben zurück. Oder?

Erübrigt sich meist auch, da ER überzeugt ist, auch nach sechs Bier den Wagen immer noch sicherer über den eisigen Untergrund zu navigieren als SIE nach einem Martini.

Na, wenn er meint ...



Nächster Akt, Autobahnfahrt in den Urlaub:



Sie darf zwangsweise ans Steuer, weil ER nach acht Stunden Daueraufenthalt hinter demselben (Nein, Schatz, ist schon okay, ich bin ÜBERHAUPT nicht müde) doch irgendwann die Leitplanken kreuzweise auf sich zukommen sieht. Die Plätze werden getauscht.

„Aber verstell nicht wieder den Außenspiegel.“

Nee, ist ja auch gar nicht notwendig bei 15 cm Größenunterschied ...

„Und fahr anständig, damit ich ein bisschen schlafen kann!“

Anständig fahren, aha ...



Er stopft sich ein Kissen zwischen Schädel und Seitenfenster und schließt mit einem befriedigten Seufzen die Augen, selbstverständlich erst, nachdem sie sich „anständig“ wieder in den fließenden Verkehr eingefädelt hat.

Alles läuft super. Der Tacho steht konstant auf 130 km/h, genauso wie der des Vordermannes mit dem schicken Hütchen auf dem Kopf und dem Duftbäumchem am Rückspiegel des Diesels. Der Tanklastzug, der auf der rechten Spur mit 80 Sachen dahinzieht, wird elegant überholt – na, jedenfalls ist es so geplant. Dem behüteten Schnösel in dem Diesel fällt nämlich dasselbe ein, allerdings exakt zwei Sekunden später als ihr. Lässig zieht er das Lenkrad nach links. Überflüssig zu erwähnen, dass vorheriges Blinken für Hütchen tragende Dieselfahrer Luxus ist.

Was macht die verantwortungsbewusste Fahrerin?

Statt auf die Hupe zu drücken, voll draufzuhalten und der Schlafmütze mal zu zeigen, wozu die Autoindustrie die Stoßstange und der liebe Gott die Schimpfwörter erfunden hat, latscht das dumme Weib auf die Bremse. Dellen im Kotflügel tragen nämlich erfahrungsgemäß nicht unbedingt zu einer positiven Grundstimmung bei. Schon gar nicht im Urlaub.



Was passiert?

Der bis eben friedlich schlummernde Beifahrer – dem Herzinfarkt nahe – zuckt zusammen, fasst sich theatralisch an die Brust und verdreht die Augen:

„Was ist denn jetzt schon wieder los. Kannst du nicht EINMAL aufpassen?“

Etwaige Erklärungsversuche sind überflüssig, weil nämlich das männliche Unterbewusstsein stets präsent ist (wenn SIE fährt, muss man ja auf alles gefasst sein) und er somit selbst im Tiefschlaf noch genau weiß, was vor sich geht.



„Ich habe dir doch gesagt, du sollst anständig fahren. Wenn du auch immer soviel Abstand lässt, ist es kein Wunder, wenn sich andere dazwischendrängeln. Ich sage doch immer ...“



Ja, nee – is klar ...



Neuer Vorhang, Stadtverkehr:



„Hallooo? Das Auto hat auch 'nen dritten Gang!“



Genau einen Wimpernschlag, bevor SIE ohnehin zum Schaltknüppel gegriffen hätte, fühlt ER sich bemüßigt, sie auf dieses interessante Konstruktionsdetail hinzuweisen.



„Die Ampel ist rohooot!!!“

Der rechte Fuß des Beifahrers tritt das Bodenblech durch, während sie einen Gang zurückschaltet, die Bremse leicht antippt und mit einem Meter Abstand zum Vordermann zum Stehen kommt.



Aber, nächste Ampel:

„Warum bremst du denn jetzt schon? Hättste doch noch locker dreimal geschafft ...“



Wie man's macht ...



Szenenwechsel:



Wohngebiet, konzipiert nach dem Prinzip „Bauland bringt Geld in die Gemeindekasse, Straßenfläche kostet welches“, also völlig am Bedarf Parkplatz suchender Bewohner vorbeigeplant, von Gelegenheitsbesuchern ganz zu schweigen.

Gesucht wird – na, was wohl – ein Parkplatz.

„Da war eben einer, haste den nicht gesehen? Mensch, jetzt ist es zu spät.“

Der Einwand, dass es sich um eine Lücke gehandelt hat, in der allenfalls ein smarter Kleinwagen Platz gefunden hätte, keinesfalls aber die eigene Mittelklasselimousine, wird unwirsch vom Armaturenbrett gefegt. ER hätte da mindestens einen Panzer drin untergebracht.



„Nun fahr man weiter, da ist einer hinter dir.“

Ja, glaubt ER denn, SIE benutzt den Rückspiegel nur zum Schminken, oder was?



Weiter geht es durch die rechts und links von parkenden Autos und Mülltonnen gesäumten Einbahnstraßen.



„Pass auf, ein Radfahrer.“

Ohne seinen liebevollen Hinweis wäre SIE natürlich unfähig gewesen wäre, einen Bogen um das Helmmännchen zu machen.



„Vorsicht, eine Kurve.“

Ach, die Hauswand direkt vor ihr war KEINE Fata Morgana?



„Musst du denn JEDES Schlagloch mitnehmen?“

Nein, über das nächste wird sie elegant hinwegschweben.



Grrrmmmpfff ...



Ergebnis: Sie wird zunehmend nervöser und brettert in der nächsten Kurve garantiert mit dem Hinterrad über den Bordstein.



„Oaahh, schönen Gruß von der Conti und die Felgenindustrie freut sich auch!“



Der dezente Protest: „Passiert mir nur, wenn du danebenhockst und mich wahnsinnig machst“, wird ebenso mit einer hochgezogenen Augenbraue quittiert, wie die Tatsache, dass sich kürzlich erst die Spiegelindustrie gefreut hat, elegant übergangen wird. Beim Rückwärtseinparken in die heimatliche Garage („Guck mal, sooo dicht musst du den Wagen an die Wand ranfahren, Schatz, damit ich noch mit der Schubkarre dran vorbeikomme.“) hatte sich nämlich der rechte Außenspiegel mit lautem Krachen vom Rest des Autos verabschiedet. Aber das war selbstverständlich etwas gaaanz anderes.



So, nun frage ich Sie: Muss frau sich DAS alles antun?

Nö, muss sie nicht.

Also überlässt sie ihrem männlichen Begleiter nur zu gerne das Steuer.

Schont ihre und seine Nerven und erspart den Kindern, Zeuge des väterlichen Repertoires an Ratschlägen und Flüchen zu werden, von der mütterlichen Unfähigkeit, einen Wagen zu lenken, ganz zu schweigen.



Und um die von Ranga Yogeshwar gestellte Frage zu beantworten: DARUM ! ! !

Diesen Post teilen
Repost0

Kommentare