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29. Dezember 2009 2 29 /12 /Dezember /2009 15:29

 

18. Die Lage spitzt sich zu


D
umme Sprüche zu klopfen kann gefährlich werden, ja sogar tödliche Folgen haben. Diese Erfahrung machte der Busfahrer Arnold Schwarzenberger, einst Schauspieler und sogar Gouverneur in den USA, nach unzähligen Skandalen aber nach Deutschland versetzt. Dort fuhr er die Linie 777, den Shuttlebus vom Bahnhof zu unserem „Haus der Tausend Augen”. Er las gedankenversunken in dem Buch „Kindergarten-Terminator“, als er eine seichte Stimme vernahm.

Einmal bitte zum Endpunkt.“

Schwarzenberger reagierte nicht.

Hey, du Klotz ohne Verstand, einmal zum Endpunkt.“

Die Stimme hatte an Lautstärke zugenommen, aber der verdutzte Schwarzenberger konnte niemanden sehen.

Hier, du Gesichtsbaracke, hier vor deiner Nase.“

Ein Kind in rotem Regencape hielt einen Fünf-Euro-Schein hoch, um den Fahrpreis zu bezahlen.

Ach, Kinder bis zwölf Jahre haben freie Fahrt.“

Eh, du Beutedeutscher, du miesester Schauspieler seit Erfindung der Bilder, die laufen können, ich will mein Ticket bezahlen.“

Der ehemalige Bodybilder, der leider nie sein Gehirn weiter ausgebildet hatte, war ein Tölpel.

Noch einmal, du Schrumpfkopf, du dummes Blag, Kinder haben frei.“

Ich bin ein Zwerg, du Anführer einer rotärschigen Pavianbande!“

Schwarzenberger konnte nicht mehr an sich halten.

Ich bin zwar ein wenig blöd, aber dass du ein Zwerg bist, sehe ich selbst. Mann, du hast aber ein Gesicht wie mein Großvater. War etwas Falsches im Kindergläschen?“

Du Rindvieh von einem abgehalfterten Politiker, ich bin fast vierhundert Jahre alt.“

So siehst du auch aus.“ Zuerst lachte der bullige Busfahrer. Dann aber packte er den Zwerg und schrie ihn an, dass die letzten Stücke des Kaiserschmarrens, den er zu Mittag verspeist hatte, dem Zwerg ins Gesicht flogen:

Noch einmal, du Komiker, Kinder bis zwölf Jahre brauchen kein Ticket zu lösen. No ticket! Kapiert? De nada!“

Hasta la vista, Riesenbaby!“ schrie der Zwerg und kurze Zeit später hatte er dem dicken Doofen die Kehle von einem Ohr bis zum anderen aufgeschlitzt.

Charlie, der Maurer, war sauer.

Dann nehme ich eben ein Taxi.“ Er war ein Massenmörder, aber er wäre nie auf die Idee gekommen, als Schwarzfahrer gegen geltendes Recht zu verstoßen.

Soviel Ganovenehre war das Mindestmaß.


Snowey Witness war mit sich und der Welt unzufrieden. Manchmal haben
junge Menschen noch nicht ihre Richtung gefunden. Sie aber war von Natur aus ein wenig wählerisch. Gerne hätte sie all die Dinge getan, die junge Frauen in ihrem Alter machten, Discos besuchen, Shopping mit der Freundin oder den lieben langen Tag SMS verschicken. Snowey hingegen war ein Geheimnisträger, denn man hatte ihr den vierten Kronkorken implantiert, so dass sie die unterirdischen Anlagen der Zwerge vorläufig nicht verlassen durfte. Sie hockte vor dem Fernseher und schaute „Gute Zwerge, schlechte Zwerge“, dann „Evelyns Talk zur Geisterstunde“ und all diese Dinge, die im privaten Andersfernsehen ausgestrahlt wurden. Ungemütlich fand sie es auf der Couch, obwohl sie auf vier Kissen saß.

Klementine, die Elfin, die sie betreute und auch ihre schwarze Wäsche nur mit „Blacker than Black” behandelte, bewies ein starkes Nervenkostüm.

Andererseits hatte sie schon als Supernanny bei der als exzentrisch geltendenLondon Hiltoon” ihre Fähigkeiten unter Beweis gestellt.

Snowey, vielleicht hat jemand etwas auf der Couch liegen lassen. Räumen wir doch einmal die Kissen fort, ah, siehst du, das ist es, was dich so stört.“

Sie hielt eine undefinierbare Masse in Händen, die aus der bunten Verpackung quoll.

Igitt, was ist das?“ Snowey verzog den Mund, als hätte sie in den Hals eines längst verdorbenen Blutspenders gebissen, denn sie war immer noch davon überzeugt, ein Vampir zu sein.

Ein Schokoriegel.“

Was, ein vulgärer Schokoriegel?“

Klementine wäre nicht die „Supernanny”, wenn sie nicht so sehr auf Draht gewesen wäre.

Ach, was sage ich, das war einmal die längste Praline in der Märchenwelt.“

Dann bin ich ja beruhigt.“

Snowey nahm wieder Platz und blätterte in einer Illustrierten. Ihre Gedanken jedoch eilten zu dem Mann ihrer Träume, Spuck, ein Raumfahrer vom Planeten Krater. Vielleicht sah er komisch aus, weil er, wie der Name schon sagte, aus einer anderen Galaxis stammte. Als Krateraner hatte er keine Ohren, sondern Krater, mit denen er hörte.

Sie fand ihn einfach nur zum Anbeißen, aber Spuck war zur Zeit mit der Voyeur unterwegs, sich andere Sterne angucken.

Klementine konnte ihre Gedanken lesen.

Ach ja, wenn man verliebt ist, und der Angebetete so fern, dann geht es einem schlecht.“

Snowey schaute zu Boden.

Ich kenne den Schmerz der Trennung, meine Liebste.“

Sofort sprang die Tochter von Mannox an.

Ja, ich hatte vor vielen Jahren eine heiße Liebesaffäre mit einem Schuhverkäufer.

Er war verheiratet und hatte zwei Kinder, sodass wir uns immer heimlich zwischen Gummistiefeln und Filzpantoffeln liebten. Du kennst ihn

vielleicht vom Namen her ‚Al Cabandi‘.“

Was, der ‚Cabandi‘? Der mit dem Pferdeschwanz und dem grauen Haar?“

Nein, Kleines, das ist jemand anders, das ist ‚Carlo Storefield‘.“

Wie war er denn so? Ich meine, du weißt. Wir sind doch unter uns.“

Wenn ich in seinen Armen lag, schnürte er mich so sanft auf wie einen Lederschuh, den er einer Stammkundin verkaufen wollte.“

Und? Was war so besonders an ihm?“

Er hatte einen Sch..., äh, Schuhanzieher von beträchtlichem Ausmaß.“

Snowey war hin und weg.

Ob ich ihn jemals wiedersehe?“ Klementine war entrückt.

Das kann ich nicht sagen, aber für die Zwischenzeit habe ich etwas für dich, liebste Klementine.“

Oh, das ist aufmerksam von dir, was ist es denn?“

Ein Mitbringsel von Spuck aus seiner Heimat. Die wohl längste Praline der Galaxis.“

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