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26. August 2007 7 26 /08 /August /2007 16:12
 

Der zweite freie Kristall

Nach ihrem Besuch in Sternekop stürzte sich Petra mit neuem Elan in ihre überstundenreiche Forschungsarbeit. Dazwischen quälten sie Zweifel. Was brachte das alles? Die zahllosen kleinlichen Versuchsreihen? Arbeitsalltag eintönig und schwer? Dabei war schon alles zu spät, die Menschheit war längst verloren – oder das Herbst-Institut brachte der Welt die große Rettung. Wer sonst … Als Nebenprodukt … Petra stritt dann unsachlich mit ihren drei Assistenten – und übernahm gleich darauf sich entschuldigend einen weiteren Teil von deren Aufgaben. Marcus lächelte dazu. „Ich komm schon eine Stunde früher und gehe zwei Stunden später. Aber wenn Sie meinen, dann machen wir noch mehr.“

Solange Petra viel zu tun hatte, brauchte sie nicht nachzudenken: Was war mit ihren Mädchen los, ihren Kindern, ihrem Nachwuchs, ihren … Sie schreckte davor zurück, dem Unbekannten einen Namen zu geben. Petra sah Jana und Tina mitunter an und dann gingen die Gedanken eigene Wege. Beim Schlaflied oder morgens beim Aufstehen. Die Zwillinge sahen so lieb aus. Wie immer. Kaum zu glauben, aber das konnten gefährliche Aliens sein. Irgendwann mutierten sie und dann …Was gab es für Untersuchungsmethoden, um eine Abweichung im genetischen Material festzustellen? Wenn sie keine Ahnung hatte, wonach sie eigentlich suchen sollte?

Andererseits... Wenn etwas ihre Erbanlagen manipuliert hatte, dann war das ihre Kugel. Eine Vermutung, die sich durchaus als Arbeitshypothese eignete. Dann sollte sie sich zuerst Jens´ Kugel vornehmen. Die stand ihr zur Verfügung.

Beim Grübeln stutzte Petra. Machte sie sich Sorgen um ihre Zwillinge, beschlich sie die Angst, dass mit ihnen etwas nicht in Ordnung sein könnte, dann wurde ihre Laune noch schlechter, als sie sowieso schon war. Dachte sie danach daran, Jens´ Kugel zu untersuchen, stellte sich ein ausgesprochen wohliges Gefühl ein, eine wachsende Vorfreude, Appetit, wie beim Duft frischer Röstkartoffeln kurz vor dem Mittagessen. Und für Röstkartoffeln warf sie alles hin!

Zufall? Na ja, das wär wohl das Schlimmste, was ihr passieren könnte, wenn sie ihre Kinder verlöre. Aber so abrupte Stimmungsumschwünge? So war das nicht normal.

Petra begann sofort mit Selbstversuchen. Bewusst redete sie zuerst auf sich ein, es sei doch völlig nebensächlich, warum, Hauptsache, es ginge ihr gut. Sie sollte ihre laufenden Aufträge zurückstellen und Jens´ Kugel untersuchen. Sie horchte kurz in sich hinein. Euphorisch, ja, euphorisch war das richtige Wort. Sekunden später warf sie sich vor, dass sie das nicht machen könne und … Schon schlug ihre Stimmung um. Das ließe sich bestimmt sogar messen, aber so war klar: Jetzt hatte es sie erwischt! Dasselbe, was Jens erzählt hatte; seine Geschichte von den Insekten.

Die Kugeln belauerten sie also. Ungewöhnliche Kräfte wirkten auf ihre Psyche. Bei solch bedrohlichem Gedanken blieb Petra nicht stehen. Wenn das so war, überlegte sie, ohne eine Verschlechterung ihrer Stimmung zu bemerken, gäbe es verschiedene Möglichkeiten, warum. Mit mehr Zeit könnte sie schrittweise die weniger wahrscheinlichen ausschließen. Sie hatte aber keine Zeit. Dann sollte sie der nahe liegendsten – hier lächelte Petra in Gedanken an Janine – Erklärung folgen: Diese Kräfte wollten sie zu einer bestimmten Handlung veranlassen. Zu Furchtbarem vielleicht. Sie selbst als Werkzeug des Schreckens! Schmerzhafte Leere in Petras Kopf. Klar sagte die Überlegung den Kugelkräften nicht zu.

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